Am 1. September gaben 32,8 Prozent der Wähler im Bundesland Thüringen der AfD ihre Stimme. Diese ist laut dem Thüringer Verfassungsschutz «gesichert rechtsextrem». Aber vielleicht müsste man inzwischen eher sagen: laut Stephan Kramer. 

Im Dezember 2015 trat Kramer, heute 56 Jahre alt und nach Mitgliedschaften bei der CDU und der FDP inzwischen bei der SPD angelangt, seine Position als Präsident des Amts für Verfassungsschutz Thüringen an. Gegen alle Gepflogenheiten, denn bis dahin galt die «Befähigung zum Richteramt» als Voraussetzung für eine Wahl. Kramer hat sein Rechtsstudium nie abgeschlossen und danach den Master in Sozialpädagogik absolviert. Wie sich später zeigen sollte, liegen ihm erzieherische Massnahmen ohnehin viel besser als Rechtsfragen.

Der oberste Verfassungsschützer eines Bundeslands mit 2,1 Millionen Einwohnern hat die ganze Republik verändert. Welche realen terroristischen und extremistischen Gefahren er aus Thüringen ferngehalten hat, ist nicht bekannt. Mit der Beurteilung «gesichert rechtsextrem» schenkte er den deutschen Medien aber eine mächtige Waffe, die sie seither unablässig verwenden. Wann immer es um die AfD geht: dieses Detail darf nicht fehlen.

Nur dass inzwischen klar ist, dass die Bezeichnung nicht auf akribischer Arbeit des Thüringer Verfassungsschutzes beruht. Es brauchte ein sogenanntes alternatives Medium, um herauszufinden, dass «gesichert rechtsextrem» die alleinige Beurteilung von Kramer ist. Das Onlineportal Apollo News hat das in monatelangen Recherchen belegt. 

 

«Brauner Bodensatz»

2018 erklärte Kramer die AfD in Thüringen zum «Prüffall» für den Verfassungsschutz. Er tat das im Alleingang. Die Mitarbeiter des Amts waren an diesem Prozess weder beteiligt noch darüber informiert. Als Grundlage für seine Einstufung diente ihm ein mehrere Hundert Seiten starkes Dossier, das er eigenhändig zusammengestellt und das sonst niemand zu Gesicht bekommen hatte. Ein Gericht beurteilte später die Einstufung als rechtswidrig, aber da hatte Kramer seinen Befund längst in die Welt gesetzt.

2021 wurde aus dem «Prüffall» das -Etikett «gesichert rechtsextrem». Um zu diesem Urteil zu kommen, musste Kramer Kunstgriffe anwenden. Zum einen liess er die sogenannte Indemnität ausser Acht, die Immunität, die gewählte Parlamentarier bei ihren Äusserungen vor Verfolgung schützt. Zum anderen liess er nichts in seinen Bericht zur AfD fliessen, das diese entlastet hätte. Vieles von dem, was Kramer der AfD vorwirft, läuft unter Meinungsfreiheit. Aber Kramer weigerte sich, ein entsprechendes Gutachten zuzulassen, um «dem Gegner keine Argumente zu liefern».

Damit meinte er nicht die Gegner der Verfassung, sondern seine persönlichen. Das wurde spätestens dann deutlich, als er sich offen für ein Verbot der AfD aussprach – was eine politische Forderung ist und in keiner Weise in der Kompetenz des Verfassungsschutzes liegt – und einen Teil ihrer Wähler als «braunen Bodensatz» der Republik bezeichnete.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kramer als Beamter wie ein politischer Aktivist agiert. An seinen eigenen Mitarbeitern vorbei setzt er alles daran, die AfD zu verbieten oder wenigstens durch Rufschädigung unwählbar zu machen. Das tut er auf der Grundlage von Meinungsäusserungen, die ausdrücklich geschützt sind. 

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